Verabschiedung der Superintendentin Katrin Göckenjan-Wessel
„Sieben Jahre unterwegs auf Schatzsuche“
RECKLINGHAUSEN – Nach sieben Jahren Leitung des Evangelischen Kirchenkreises Recklinghausen verlässt Superintendentin Katrin Göckenjan-Wessel ihre bisherige Wirkungsstätte. Sie wechselt zum 1. April 2020 als neue theologische Oberkirchenrätin und Personaldezernentin der Evangelischen Kirche von Westfalen ins Landeskirchenamt nach Bielefeld.
Für diese neue berufliche Herausforderung war der Evangelische Kirchenkreis Recklinghausen eine gute Trainingsstätte. Als Teamspielerin hatte sich Göckenjan-Wessel damals beworben. Sie hatte, wie sie sagte, damals insgeheim eine Wette mit sich selbst abgeschlossen mit der Frage, ob Teamgeist auch in der Leitung eines Kirchenkreises funktionieren könne.
Als wesentliche Voraussetzung für viele gelungene Teambildungen in dieser Zeit nannte Göckenjan-Wessel eine „gute Atmosphäre, freundliche Blicke, Willkommensgesten, Angebote zur Zusammenarbeit, Neugier und Offenheit, Kollegialität, die Bereitschaft, der Neuen eine Chance zu geben“, die sie persönlich bei ihrem Dienstantritt erfahren habe und sich beispielsweise in dem großen Engagement für Menschen mit Fluchterfahrungen fortsetze.
„Ich kann Ihnen sagen: es gibt eine Menge Schätze zu entdecken. Es lohnt sich, sie gemeinsam zu heben“, ermutigte die scheidende Superintendentin die große Festgemeinde in der Christuskirche in ihrer Abschiedspredigt auf der Grundlage des Gedankens von Paulus (2. Korinther 4), dass Gott in jeden Menschen einen Schatz gelegt habe, mit dem Licht ins Dunkel dieser Welt gebracht werden könne und solle.
Dieser Schatz bleibe allerdings unter den heutigen Anforderungen des Marktes oft verschüttet, konstatierte Göckenjan-Wessel. „Gott nimmt uns Menschen aus dieser erschöpfenden Spirale der Selbstvermarktung heraus und stellt uns mit unseren Macken und Fehlern hinein in die heilsame Gottesbeziehung und in die Gemeinschaft derer, die auf Jesus Christus vertrauen. Was für eine starke und widerstände Botschaft“, führte Göckenjan-Wessel aus und ergänzte: „Sich erneuern zu lassen, neu zu werden, ist im Kern keine Zumutung, sondern ein Geschenk. Das ist unsere besondere Erfahrung – unser Schatz – als eine Kirche der Reformation.“
Von daher ermutigte sie die Festgemeinde zum Perspektivwechsel und fragte: „Was sind Eure Stärken? Wo habt Ihr in der Gemeinde, in eurem Arbeitsbereich einen besonderen Schatz?“ Diese Frage erweise sich, so Göckenjan-Wessel weiter, „als eine wunderbare Brille, um das zu entdecken, was in unseren Gemeinden und Diensten, in den Quartieren und Nachbarschaften eben nicht selbstverständlich ist, sondern etwas ganz Besonderes. Da kommen die KiTas in den Blick – starke kirchliche Orte für Kinder und ihre Familien im Sozialraum. Oder die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Der Einsatz Ehrenamtlicher an unglaublich vielen Stellen, die Vielfalt evangelischer Kirchenmusik. Diakonisches Handeln – tatkräftig, überzeugend und partnerschaftlich.“
„Wir können nicht die Welt retten. Aber wir können einen Unterschied machen. Gott ist mitten in dieser Welt und ihren Konflikten gegenwärtig. Gott gibt jedem Menschen Würde und Ansehen. Deshalb haben wir die im Blick, die auf ganz unterschiedliche Weise im gesellschaftlichen Abseits stehen“, beschrieb Göckenjan-Wessel die anwaltschaftliche und widerständige christliche Grundhaltung angesichts der gesellschaftspolitischen Herausforderungen unserer Zeit.
Die Stellvertreterin der Superintendentin, Assessorin Pfarrerin Kirsten Winzbeck, entpflichtete Göckenjan-Wessel im Kreis des Kreissynodalvorstandes von ihren Aufgaben mit einem humorvollen und dankbaren Blick auf die gemeinsame Zeit der Zusammenarbeit. Sie wird bis zur Kreissynode im Sommer, auf der ein*e Nachfolger*in gewählt werden soll, die Leitungsaufgaben im Kirchenkreis weiterführen.
Landeskirchenrätin Barbara Roth freute sich in ihrem Grußwort auf ein „verzahntes Miteinander“ mit der neuen Kollegin und ihrem „klaren, strukturierten Blick“.
„Wir haben die gleichen Probleme und Sichtweisen, das gleiche Glaubensbekenntnis und die gleichen Fragen“, stellte Propst Jürgen Quante fest. Er lobte die ökumenische Zusammenarbeit und die vielen gemeinsamen Projekte „in versöhnter Verschiedenheit“, durch die ein ökumenisches Klima im Kreis geschaffen worden sei, „auf dem man aufbauen kann.“ Eine besonders schöne Idee Göckenjan-Wessels sei gewesen, so Quante, das Reformationsjubiläum 2017 in der ältesten katholischen Kirche St. Peter zu beginnen und in der evangelischen Christuskirche enden zu lassen. Und auch die im Advent 2019 erstmals gemeinsam durchgeführte ökumenische „ViertelSternStunde“ bleibe ein besonderes Projekt ökumenischer Verbundenheit, das weitergeführt werde.
„Wir haben sehr gut zusammengearbeitet“, lobte auch Recklinghausens Bürgermeister Christoph Tesche die Superintendentin und das in Zusammenarbeit mit ihr auf vielen verschiedenen Ebenen und Aktionen im Vestischen Kreis entstandene Grundgefühl: „Wir haben was zu sagen“.
Diakoniepfarrer Dr. Dietmar Kehlbreier bedankte sich bei Göckenjan-Wessel für das „große Vertrauen“ in der täglichen Zusammenarbeit, die „wunderbar strukturiert geleiteten gemeinsamen Sitzungen“ auf der Basis einer praktischen Alltagsfrömmigkeit, die er meinte, auch auf dem Autokennzeichen der Superintendentin dechiffriert zu haben.
Auf dem anschließenden Empfang im Gemeindehaus hatten die Gäste noch lange die Möglichkeit, sich persönlich von der scheidenden Superintendentin zu verabschieden und bei Essen und Trinken die Gemeinschaft zu stärken. (GH)
Foto (uka): Die Mitglieder des Kreissynodalvorstandes um Assessorin Kirsten Winzbeck (vorne links) verabschiedeten Katrin Göckenjan-Wessel (vorne, Mitte) aus ihrem Amt als Superintendentin des Ev. Kirchenkreises Recklinghausen mit einem Festgottesdienst in der Christuskirche.