Foto: Pfarrerin Katharina Friedrich (v. re.) war mit der ganzen Ev. Jugend des Kirchenkreises Recklinghausen beim jährlichen Vestischen Christopher Street Day.

Recklinghausen - “Meine Eltern wissen nicht, dass ich auf den CSD in Recklinghausen gehe, denn wenn ich es ihnen sage, dann muss ich wieder Diskussionen führen darüber, wieso ich lesbisch bin und wieso ich das an die ‚große Glocke‘ hängen muss.“ So sagte es eine Jugendliche zu mir am Tag des CSD zum Vestischen Christopher Street Day dort. An die „große Glocke hängen“ ist als Beschreibung für das Leben der eigenen Liebe und Sexualität meines Erachtens so unglaublich fehl am Platz. Was mir die Jugendliche sagte, zeigt nur einmal mehr, dass queere Menschen irritieren, dass es beschwerlich ist, sich mit ihrer Identität auseinanderzusetzen, die eventuell nicht in einem Wort zu erklären ist oder sich auch mal ändert. Solche Kommentare von außen zeigen, dass es scheinbar nervt, wenn queere Menschen ihre Regenbogenflagge auch nur einen Tag mehr rausholen, als am Tag der Christopher Street Day Parade. 

Gemeinsam mit der ganzen Ev. Jugend des Kirchenkreises Recklinghausen haben wir am 8. Juni 2024 am jährlichen Vestischen Christopher Street Day und dem anschließenden Festival teilgenommen und waren als Ev. Kirche das erste Mal dabei. Das war sehr bestärkend und es wurde Zeit! 

Denn solche Kommentare hören queere Menschen, egal ob alt oder jung, viel zu laut und häufig. Dabei fängt Diskriminierung oder Akzeptanz, wie das Beispiel zeigt, am Küchentisch an. Es macht mich traurig, wenn Jugendliche ihren Eltern abends am Esstisch erzählen möchten, wie ihr Date war oder dass sie für sich auf dem CSD einstehen waren und das bloße Erzählen ihrer Lebensrealität eine Überforderung für Eltern darstellt, die in Genervtheit oder Wut umschlagen kann.

Aufgrund solcher und vieler ähnlich verletzender Erfahrungen, besonders queerer Jugendlicher, die ihrer Umgebung in besonderem Maße hilflos ausgesetzt sind, soll in Herten ein Queerer Jugendtreff erschaffen werden. Queere Jugendliche brauchen sichere Orte um sich zu vernetzen, auszutauschen über persönliche und gesellschaftliche Diskriminierung, die sie erfahren, aber auch über Empowerment und gemeinsame Aktionen. 

Der Weg zum Queeren Jugendtreff geht nun als offener Aufruf an die Hertener Politik, Vereine, Jugendzentren und Religionsgemeinschaften, sich an dem Vorhaben zu beteiligen. Geplant ist ein Vernetzungstreffen aller Interessierter am 18. September um 18 Uhr im Gemeindezentrum in der Ackerstr. 1 in Herten-Langenbochum. Alle, die an der Umsetzung dieses Projekts mitwirken möchten, sind herzlich eingeladen. (Pfrn. K. Friedrich)